Winterliches Abenteuer durch den schwedischen Wald
Von: Erik Ole Lindström
Illustrationen: Sonja Bougaeva
Erschienen: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Münster 2020
Leseglück
Wenn frau planlos zwischen Arbeit und Kindergarten in die Stadtbibliothek hetzt, um schnell die fälligen Bücher abzugeben und im Vorbeigehen einige Winter- und Weihnachtsbücher zu greifen, und dann zuhause feststellt, eine absolut fantastische Geschichte erwischt zu haben, dann kann man doch wirklich von doppeltem oder gar dreifachem Leseglück sprechen (und wenn man den Beginn dieses Satzes noch weiß, auch).
Winterliches Abenteuer im Norden
Das liebevoll gestaltete Cover zeigt die menschlichen und die tierischen Hauptdarsteller. Wer fühlt sich beim Anblick eines Pferdeschlittens in einem verschneiten Wald nicht an die atmosphärischen Wintergeschichten Astrid Lindgrens erinnert? Das kommt nicht von ungefähr, handelt es sich bei Lindström doch um einen schwedischen Autor, der mit seiner Familie im Stockholmer Schärengarten lebt.
Die nordische Winterstimmung des Einbandes setzt sich in der Erzählung fort und wird durch die weiteren Illustrationen feinfühlig aufgenommen. Die Zeichnungen sind überwiegend in Schwarzweiß gehalten, was vielleicht etwas schade ist. Über die vereinzelt vielfarbigen Bilder haben wir uns umso mehr gefreut.
Das Buch nimmt sich einen fulminanten Prolog zum Auftakt, in dem wir bereits eine sehr spannende Szene aus dem späteren Verlauf lesen dürfen, die definitiv Lust auf mehr macht.
Wir lernen Selma (etwa achte Klasse) kennen, unsere Hauptfigur, die in einen furchtbaren Schneesturm geraten ist, der wahrlich nichts mit dem schwedischen Winteridyll romantischer Sehnsüchte zu tun hat. Wie konnte es dazu kommen, fragten wir uns unweigerlich und stürzten uns begierig auf die ersten Kapitel.
Selmas Zuhause
Es ist ein Wochenende in der Vorweihnachtszeit. Selma, die es offenbar gewohnt ist, allein zuhause zu sein, bekommt ein Paket, das eine große Enttäuschung enthält. Ihr Vater, der getrennt von ihrer Mutter lebt, wird Weihnachten nicht wie geplant mit Selma feiern, sondern mit seiner neuen Familie. Das Thema Scheidung wird sensibel aufgegriffen, ohne es zunächst weiter zu vertiefen. Es spielt jedoch eine kontinuierliche Rolle in der Geschichte und wird einige Male sehr geschickt und gefühlvoll aufgegriffen.
Da Selmas Mutter Dienst im Altenheim schieben muss, gibt es nur einen Ausweg: Selma muss die Weihnachtstage auf dem Hof ihrer Tante Maja verbringen, worüber sich Nichte wie Tante sehr freuen.
Selmas Reise
Die Anreise verläuft nicht wie geplant. Selma schlägt sich auf eigene Faust zum Hof ihrer Tante durch, den sie aber verlassen vorfindet. Auf keinen Fall möchte sie zurück in die Stadt zu ihrer Mutter. Deshalb beschließt sie, Maja zu suchen, die eventuell in Schwierigkeiten geraten sein könnte. Denn es fehlen nicht nur das Auto, sondern auch eine Stute.
Voller Tatendrang packt Selma Proviant und Ausrüstung, spannt Pony Enno vor den alten Schlitten und begibt sich gemeinsam mit den beiden Hunden ihrer Tante auf die wagemutige Suche. Die Zeit drängt, denn die Wettervorhersage kündigt einen schweren Schneesturm an.
Der Titel verspricht eine wundersame Reise. Wundersam sind vor allem die Begegnungen mit den Menschen (und Tieren), die Selma während ihrer großen Fahrt macht. Die Charaktere, auf die Selma trifft, sind bisweilen etwas schratig und verschroben, aber auf ihre Art äußerst liebenswürdig und fürsorglich.
Natürlich kann man sich fragen, wie realistisch es ist, dass diverse Erwachsene ein junges Mädchen allein in das drohende Schneechaos ziehen lassen. Muss man aber nicht. Man kann die Geschichte auch einfach genießen.
Unsere spannenden Erlebnisse mit Selma, ihren Freunden und Tieren nehmen ein gutes Ende am Weihnachtstag, letzte Puzzleteile fügen und Kreise schließen sich.
Wir bestehen mit diesem mutigen und unverzagten Mädchen ein Abenteuer, wie aus einer anderen, längst vergangenen Zeit. Themen, wie leere Handyakkus und Patchworkfamilien erinnern sachte daran, dass wir uns doch in der Gegenwart befinden.
Fazit und Empfehlung
Ein winterliches Abenteuer, so spannend, dass ich mich jeden Abend auf das Vorlesen gefreut habe. Stets voller Hoffnung, dass die Jungs nicht zu schnell müde werden, was sie aufgrund der aufregenden Ereignisse im schwedischen Wald zum Glück auch nicht taten.
Dramatik und Witz übergeben sich das Staffelholz in idealer Taktung, so dass sich Phasen des Zitterns, Lachens, Hoffens und Nachdenkens abwechseln.
Ich möchte dieses Buch allen ans Herz legen, die … Nein, einfach allen. Lest dieses Buch, es ist einfach wundersam! Absolute Leseempfehlung für alle Lesebengel (meine waren voller Bewunderung für die weibliche Hauptdarstellerin) und Lesebengelinnen!
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